Sie, ein eingefleischter Südtirol-Fan, haben es sicher schon bemerkt: Die Südtiroler sind ein eigenes Volk. Erschwerend kommt hinzu, dass es den Südtiroler eigentlich gar nicht gibt: wegen der zwei gegensätzlichen Kulturen, der drei offiziellen Landesprachen, der bewegten Geschichte. Als Südtirol-Fan wissen Sie, dass in Südtirol nicht „gelaufen“, sondern gegangen wird, dass die Ortschaften besser mit ihrem deutschen Namen genannt und Spaghetti nur mit der Gabel gegessen werden. Dass am Vormittag Weißwein und nach einem feinen Essen auf keinen Fall ein Cappuccino oder Latte Macchiato getrunken wird. Und Sie wissen auch, dass in Südtirol lieber „Daitsch“ als Deutsch gesprochen wird.

Wissenswertes:

Der Südtiroler Dialekt
Zum leichteren Verständnis der Südtiroler ist das Erlernen der wichtigsten dialektalen Wörter sehr zu empfehlen: denn drüben ist „entn“, hinüber ist „ummi, onni“ oder „ummen“, hinauf kann „aui, auchn, aufn“ sein. Noch komplizierter wird es mit den zahlreichen Italienismen. Wenn Sie wissen, was die Targa, das Patent oder die Residenz sind, Hut ab, ansonsten sollten Sie unbedingt „Daitsch“ lernen: www.oschpele.ritten.org

Südtiroler Sonderwortschatz
In der Standardsprache Südtirols werden etliche Wörter gebraucht, die im restlichen deutschen Sprachraum kaum oder gar nicht vorkommen. Dazu zählen etwa so „unscheinbare“ Begriffe wie Aufstiegsanlage, Notspur, Erstwohnung, Lebensminimum, Halbmittag oder Kenntafel. Ein guter Teil des Südtiroler Sonderwortschatzes wurde mittlerweile auch ins Österreichische Wörterbuch und ins Variantenwörterbuch des Deutschen aufgenommen. Einige Südtirolismen & Italianismen:
• Kondominium (Mehrfamilienhaus)
• Patent (Führerschein)
• Targa (Nummernschild)
• Hydrauliker (Installateur)
• Identitätskarte (Personalausweis)
• Barist (Barmann, Theker)
• Halbmittag (Vormittagsjause)
• Schuldiener (Hausmeister einer Schule)

Wie viel Italienisch muss ich für ein passables Gespräch können?
Wenngleich ein Großteil der Südtiroler zweisprachig sein sollte, haben viele Italiener doch noch ihre liebe Not mit der schweren deutschen Sprache. Dafür kann man hier auch wunderbar überall sein Italienisch testen – im negozio, in der trattoria oder bei der festa. Aber keine Angst, der Italiener spricht auch vorzüglich mit Gesten und Grimassen. Capito?

Ist der Südtiroler nun Italiener, Österreicher oder Deutscher?
Vorsicht, sehr schlüpfriges Terrain. Ein jeder Südtiroler ist generell für sich zu sehen. Laut Identitätskarte ist er Italiener, laut Historie hat er vielfach österreichische Wurzeln, nach liberaler Auffassung ist er einfach Europäer, aber nach eigenem Ermessen fühlt er sich zumeist seiner Talschaft (Vinschger, Pusterer, Eisacktaler, Sarner usw.), seinem Bezirk (Überetscher, Badiot) oder noch mehr seinem Heimatdorf zugehörig. Die Kirche hat gefälligst im Dorf zu bleiben.

Welcher Kaffee zu welcher Zeit?
Wenn’s um den Kaffee geht, dann kennt der Italiener keine Scherze. Und in diesem Falle wird der Südtiroler oft zum Italiener. Den Tag beginnt man mit einer guten Schale Cappuccino oder einem milchigen Latte Macchiato, für die kleine Pause zwischendurch und nach dem Essen gönnt man sich einen Macchiato (mit wenig Milch) oder einen Espresso (schwarz), oder gar einen Corretto (mit einem Magenbitter oder einem Cognac korrigiert).

Wie lange darf ich mir als Autolenker die Gegend anschauen?
Vorne ein herzerweiterndes Panorama, hinten eine schimpfende, hupende und wild gestikulierende Autoschlange. Obwohl es in Südtirol nur obere Limits für Geschwindigkeiten gibt, sollte man das Nervenkostüm der heimischen Autofahrer nicht zum Zerreißen anspannen. Besser einparken und aussteigen.

Wie viel Obst darf ich für mich selbst pflücken?
Dem Wanderer die Natur, dem Bauern das Obst – so steht es hin und wieder auf Holztäfelchen in den Wein- und Obstgärten. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, denn wenn jeder der rund zig-Hunderttausend Urlauber nur einen Apfel und eine Traube goutiert, dann können alle Obstbauern zum Arbeitsamt. Tipp: Viele Bauern verkaufen frisches Obst ab Hof.

Welche Souvenirs für zu Hause sind am besten?
Naja, manche mögen’s kitschig, andere nostalgisch und wieder andere trendig. Jedoch liegt man mit typischen Südtiroler Spezialitäten nie falsch: würziger Speck, edler Wein, selbstgemachte Marmeladen, drei Sorten Knödel (allerdings vakuumverpackt) oder ein Flakon mit original Südtiroler Bergluft.

Wie viele Schnäpse mit dem Wirt dürfen es sein?
In dieser heiklen Causa ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste: Ein „Nein, danke“ verletzt den Stolz des Wirtes, ein Schnapsl fördert die Verdauung, zwei Schnäpse fördern die Freundschaft, drei Schnäpse können den Führerschein wegbefördern. Dann ist besser Schluss mit Prost.

Wie beeindrucke ich einen Einheimischen?
Naja, da gäbe es sicher einiges, das man gewöhnlichen Urlaubern nicht zutraut. Ein paar starke Ausdrücke in tiefster Mundart beispielsweise, egal ob im Sarner, Unterlandler oder Passeirer Idiom. Oder Kühe melken und den Stall ausmisten. Oder Holz hacken, Schuhplattln und Goaßl schnölln. Oder Watten, Maiern und Schnapsen. Was wiederum keineswegs etwas mit Schnaps zu tun hat.